In der digitalen Transformation geht es längst nicht mehr nur um Technologie – sondern darum, ob Unternehmen in der Lage sind, die richtigen Entscheidungen zur richtigen Zeit zu treffen. Gerade in der Auswahl von Softwarelösungen, Plattformen und Implementierungspartnern zeigt sich, wie strukturell solide ein Unternehmen aufgestellt ist – oder eben nicht.
In der Praxis erleben wir jedoch, dass Technologieentscheidungen oft auf wackligen Fundamenten getroffen werden. Bauchgefühl, Preisfokus oder „Best Practices“ des Wettbewerbs ersetzen strategische Bewertung, realistische Aufwandsschätzung und langfristiger Fit. Das Ergebnis: Projekte geraten ins Straucheln – technisch und wirtschaftlich.
Inhalt:
1. Fehlgeleitete Entscheidungslogiken: 3 häufige Muster
2. Die Qualität sinkt, die Komplexität steigt, das Vertrauen sinkt
3. Die strukturelle Wurzel des Problems: Klassische RFP-Prozesse
4. Professionalisierung durch strukturierte und iterative Discoveries
5. Fazit: Qualität entsteht durch Klarheit, nicht durch Kostendruck
Fehlgeleitete Entscheidungslogiken: 3 häufige Muster
1. Wettbewerbsbeobachtung als Blaupause
Die Tatsache, dass ein Wettbewerber eine bestimmte Lösung einsetzt, ist kein valides Argument für die eigene Entscheidung. Unternehmensgröße, IT-Landschaft, die Teamstruktur, Kundensegmente und das Businessmodell können sich fundamental unterscheiden. Was für ein anderes Unternehmen funktioniert, kann im eigenen Kontext zur Kostenfalle werden.
2. Verkäufermentalität als Entscheidungskriterium
Sales-Pitches sind darauf ausgerichtet, Vertrauen aufzubauen – und das funktioniert. Problematisch wird es, wenn dies zur primären Entscheidungsgrundlage wird. Denn: Die Sales Unit führt kein Projekt durch. Die tatsächlichen Delivery-Teams, Methoden und Qualitätsstandards bleiben in der Angebotsphase oft im Unklaren.
3. Kostenfokus ohne Kontext
Der Versuch, Budgets zu drücken, führt in vielen Fällen zu Qualitätsverlusten. Weniger erfahrene Projektteams, knappe Ressourcen, reduzierter Gestaltungsspielraum – all das beeinflusst unmittelbar die Projektstabilität. Unternehmen kaufen damit nicht nur billig ein, sondern produzieren so oft auch spätere Change Requests, technische Schulden und Frustration auf allen Seiten.
Die Komplexität steigt, die Qualität erodiert und das Vertrauen sinkt
Es zeigt sich in zahlreichen Projekten stets dasselbe Muster:
- Anforderungen werden zu spät, unklar oder inkonsistent formuliert.
- Die Kommunikation zwischen Units ist nicht abgestimmt.
- Entscheidungsträger erhalten zu spät oder zu wenige relevante Informationen.
- Projektbudgets fließen in unnötig aufwendiges Projektmanagement statt in wertschöpfende Umsetzung.
Besonders kritisch wird es, wenn Unternehmen den eigentlichen Kern des Projekts – die Anforderungen sowie die technische sowie wirtschaftliche Umsetzbarkeit – in den Hintergrund rücken. Was folgt, ist ein Mehr an Change Requests und Terminverschiebungen unklarer Verantwortlichkeiten, mit spürbaren Auswirkungen auf die Zusammenarbeit.

Ein RFP (Request for Proposal) ist ein Dokument, das Anbietern präzise Anforderungen für ein bestimmtes Projekt vermittelt. Es dient dazu, den Ausschreibungsprozess zu strukturieren und sicherzustellen, dass alle Beteiligten dieselbe Grundlage für ihre Angebote haben.
Die strukturelle Wurzel des Problems: Klassische RFP-Prozesse
Viele RFP-Dokumente basieren auf statischen und recht umfangreichen Textbausteinen, die mit generischen Anforderungen, vagen Formulierungen und standardisierten Abfragen überfrachtet sind. Der Fokus auf das Wesentliche rückt mehr in den Hintergrund. Was passiert ist meist folgendes:
- Die Timeline verzögert sich
- Das Qualitätsbewusstsein sinkt und die Kosten steigen
- Zu viele Kompromisse mit hohem Klärungsbedarf und Aufwand
- Unzufriedene Stakeholder, weil die neue Website nicht rechtzeitig zur nächsten Vorstandssitzung präsentiert werden kann
Diese Pain Points erschweren eine objektive Bewertung und erzeugen Scheinsicherheit, statt Transparenz zu schaffen. Besser: Erstelle vergleichbare Formen für Anforderungskataloge und bewerte Technologien und Agenturen fundiert mit aussagekräftigen Scorings.
Professionalisierung durch strukturierte und iterative Discoveries
Statt sich auf ein starres Ausschreibungsdokument zu verlassen, sollten Unternehmen auf einen mehrstufigen, iterativen Auswahlprozess setzen. Dieser ermöglicht bessere Entscheidungen, reduziert Risiken und schafft belastbare Grundlagen für das Projekt.
Die Do’s im Überblick:
1. Discovery-Phase als bezahltes Vorprojekt etablieren
Wir Ritter sind der Auffassung, ein bezahltes Vorprojekt zur Anforderungsanalyse, zur technischen Machbarkeit und Lösungsarchitektur ist kein Zusatz, sondern eine Investition in Projektsicherheit. Die Ergebnisse schaffen Entscheidungsgrundlagen, die weit belastbarer sind als klassische Angebote auf Basis von Vermutungen.
2. Vergleichbare und priorisierte Anforderungskataloge erstellen
Die Formulierung von Anforderungen sollte nicht allein aus Fachsicht erfolgen, sondern gemeinsam mit UX, PM, Development und Compliance. Anforderungen müssen messbar, prüfbar und sinnvoll priorisiert sein – nur so sind Angebote tatsächlich vergleichbar.
3. Proof-of-Concepts und technische Machbarkeitsanalysen einsetzen
In kritischen Bereichen (z. B. Performance, Schnittstellen, Migration) sollten vorab Prototypen oder PoCs erstellt werden. Diese liefern Erkenntnisse und ermöglichen eine realistische Aufwandseinschätzung.
4. Interne Zielkonflikte frühzeitig adressieren
Wenn PM Performance möchte, Development aber Sicherheit und das Management primär auf ROI fokussiert ist, entstehen Zielkonflikte. Diese müssen vor Projektstart erkannt, moderiert und aufgelöst werden – nicht erst mitten im Projekt.
5. Ressourcenplanung mit Fokus auf Wertschöpfung
Als Richtwert gilt: Mindestens 75 % des Projektbudgets sollten in Konzeption, Entwicklung und Realisierung fließen. Steigt der Anteil für Projektmanagement, Controlling und Dokumentation signifikant, ist die Projektstruktur zu komplex oder zu schlecht vorbereitet.
Fazit: Qualität entsteht durch Klarheit, nicht durch Kostendruck
Technologieentscheidungen sind strategisch. Sie bestimmen nicht nur Tools und Prozesse, sondern beeinflussen Innovationsfähigkeit, Wettbewerbsposition und zukunftssichere Skalierbarkeit. Wer diese Entscheidungen auf Basis von Verkaufspräsentationen, Kostenvergleichstabellen oder unstrukturierten Anforderungen trifft, riskiert nicht weniger als das Scheitern ganzer Projekte.
Was es stattdessen braucht:
- Strategisch fundierte Vorprojekte
- Interdisziplinäre Abstimmung
- Transparente, vergleichbare Anforderungen
- Echte Bewertungskriterien für Partner und Technologien
Die Digitalisierung ist längst kein Spielfeld für Trial & Error mehr. Sie erfordert Struktur, Sorgfalt und Professionalität – in der Auswahlphase ebenso wie in der Umsetzung.
Wobei können wir dich unterstützen?
Mit über 30 Jahren Erfahrung im Agenturgeschäft sind wir dein Partner. In einem kostenlosen Erstgespräch besprechen wir eure Ziele und wie wir diese gemeinsam erreichen können.