Marketingpsychologie: Der IKEA-Effekt

Eine Frau schraubt ein hölzernes Möbelstück zusammen.

Es gibt ihn tatsächlich: Den IKEA-Effekt. Wir erläutern dir, worin er besteht und wie du ihn für dein eigenes Marketing nutzen kannst.

Noch eine Schraube, dann ist es vollbracht. Du legst den Inbusschlüssel beiseite und betrachtest dein Werk voller Stolz. Warum auch nicht? Schließlich wackelt der neue Stuhl nur ganz leicht …

Der Markt ist voll mit Angeboten, bei denen wir – tatsächlich oder virtuell – selbst Hand anlegen müssen: Vom teilmontierten Möbelstück über den vorgefertigten Plätzchenteig zum selbst Ausrollen, Ausstechen und Aufbacken bis hin zum personalisierbaren Fotobecher.

Kunden wie auch Unternehmen setzen auf Halbfabrikate, DIY-Produkte und Personalisierungsmöglichkeiten

Vorgemacht hat es IKEA. Das Geschäftsmodell des schwedisch-niederländische Möbelgiganten erwies sich als wahres Erfolgsrezept und fand international viele Nachahmer.
Die Vorteile für Unternehmen sind offensichtlich: Wer einen Teil der Arbeit an die Kundschaft auslagert, spart teure Arbeitskräfte, Energie sowie Lagerkapazitäten – und reduziert den logistischen Aufwand.
Aber was bewegt so viele Kunden dazu, Produkte zu kaufen, die erst noch fertiggestellt oder gestaltet werden müssen? Nicht immer können Kostenerwägungen dahinterstehen, denn viele Do-it-Yourself-Produkte sind teurer als die fertige Alternative.

Diesen Nutzen bieten solche Produkte den Konsumenten

Klar, ein gut verpackter Schrankbausatz lässt sich leichter nach Hause transportieren als ein sperriger Kleiderschrank, doch dieser Aspekt erklärt nur einen Teil der Fälle. Es muss also noch andere Gründe geben, aus denen Kunden halbfertige Produkte vorziehen – und einer der Gründe ist offenbar, dass es sich gut anfühlt, etwas selbst fertigzustellen. Studien zeigen, dass es uns stolz macht und unser Selbstbewusstsein erhöht, wenn wir etwas selbst erfolgreich zusammenbauen. Dafür müssen wir nicht einmal besonderes Können demonstrieren. Versuche an TU Dortmund und der A&M University in Texas demonstrierten: Schon, wenn die Probanden einen zweiteiligen Golfschläger zusammensetzten, stieg ihr Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit messbar. Und bei anschließenden Versuchen auf dem Golfplatz erzielten diese Probanden tatsächlich bessere Leistungen als die Vergleichsgruppe, der man fertig montierte Golfschläger gereicht hatte.  

Und damit kommen wir zum IKEA-Effekt

Wir fühlen uns nicht nur besser, wenn wir etwas selbst montiert, gebacken oder gestaltet haben. Diese positiven Gefühle führen auch dazu, dass wir die Produkte, die wir selbst fertiggestellt haben, besonders wertschätzen. Das belegte eine viel zitierte Studie (2011) der Psychologen und Verhaltensökonomen Dan Ariely und Michael Norton. Im Rahmen dieser Studie, ließen die beiden Forscher ihre Probanden Objekte zusammenbauen – wie beispielsweise IKEA-Möbel. Danach erfragten sie, wie viel die jeweilige Person für etwas Selbstgebautes zahlen würde. Dabei zeigte sich: Probanden würden mehr für ihr amateurhaft selbst zusammengeschraubtes Möbelstück zahlen als für ein fehlerfreies fertig montiertes Pendant. Die Forscher tauften dieses Phänomen auf den Namen „IKEA-Effekt“.

Wie kannst du den IKEA-Effekt für dein eigenes Marketing nutzen?

Die kurze Antwort lautet: Indem du deine Kunden mitarbeiten lässt. Überlege dir dafür, wie du sie in die Gestaltung oder in die Herstellung einbeziehen kannst. Dabei ist es nicht entscheidend, dass sie mit ihren eigenen Händen ein physisches Produkt bearbeiten. Du kannst ihnen beispielsweise ermöglichen, ihr Produkt virtuell nach ihren Wünschen zu personalisieren, etwa mithilfe eines Online-Konfigurators. So können Nike-Kunden dank „Nike By You“ virtuell ihre Wunsch-Sneakers designen, ein Angebot, das gerne angenommen wird, und das, obwohl die so entworfenen Sneakers leicht 20 und mehr Euro zusätzlich kosten, verglichen mit nicht-personalisierten Schuhen aus der gleichen Modellreihe. Doch so weitreichende Personalisierungsmöglichkeiten sind gar nicht nötig. Entscheidend ist lediglich, dass deine Kunden selbst etwas zum erworbenen Produkt oder zur Dienstleistung beitragen können.
Selbst dann, wenn das nicht möglich ist, kannst du den IKEA-Effekt für dein Marketing nutzen. Wie wäre es beispielsweise mit einem E-Card-Generator, den du in deine Website einbindest und mit dessen Hilfe User mit wenigen Klicks attraktive Weihnachts- oder Grußkarten designen können – völlig kostenfrei, aber mit deinem Firmenlogo, einem gut gewählten Claim und einem Link auf deine Unternehmenswebsite? So bietest du (potenziellen) Kunden einen echten Mehrwert, verschaffst ihnen eine gelungene Customer Experience – und im Gegenzug verbreiten sie deinen Namen in ihren persönlichen Netzwerken.


Du siehst: Der IKEA-Effekt birgt einiges Potenzial für dein Marketing. Weitere interessante Infos zum Thema Marketingpsychologie findest du hier.

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