Stell dir vor, jemand stellt dir deine Leibspeise vor die Nase und befiehlt dir in einem herrischen Tonfall: „Du isst das jetzt sofort auf!“ Wie reagierst du? Die meisten Menschen werden unter diesen Umständen wohl das Essen verweigern, da sie es hassen, sich zu etwas zwingen zu lassen. Auch Verbote kommen selten gut an, ebenso wie das Gefühl, dass uns jemand manipulieren oder von etwas ausschließen will. Wer auf diese Art in unsere Handlungs- und Entscheidungsfreiheiten eingreifen möchte, muss daher immer mit einer Art Trotzreaktion rechnen.
Mit dieser Reaktion „beweisen“ wir uns, dass wir selbst die Kontrolle haben. Psychologen sprechen hier von „Reaktanzeffekten“. Diese folgen dem Motto: „Wenn du mich dazu bringen möchtest, XY zu tun, dann mache ich genau das Gegenteil“. Doch so wichtig diese Widerständigkeit auch für unsere Psychohygiene sein mag:
Für das Marketing können Reaktanzeffekte eine echte Hürde darstellen
Denn natürlich geht es beim Marketing um Manipulation – und den Konsumenten ist das nur allzu bewusst.
Ein fiktives Beispiel: Herr M. möchte sich eine teure Uhr der Marke Elysium 201 kaufen. Dann erblickt er eine Anzeige mit dem Slogan: „Elysium 201. Wer sie nicht trägt, hat sie nicht verdient.“ Daraufhin sagt sich Herr M.: „Wer mir mit so einen dämlichen Slogan kommt, hat mich nicht verdient,“ und entscheidet sich bewusst für eine andere Marke.
Oder denk dir, du möchtest deinem Vater einen hübschen Wasserkocher zum Geburtstag schenken. Doch seit du in einem bekannten Onlineshop danach gesucht hast, verfolgen dich Anzeigen mit ebenjenem Wasserkocher quer durch das Internet. Gut möglich, dass du daraufhin beschließt, dieses Gerät ganz sicher nicht zu kaufen.
So kannst du den Reaktanzeffekt für dich arbeiten lassen
Wer es klug anstellt, kann Reaktanzeffekte umgehen – und raffinierte Marketer verstehen es sogar, diese Effekte gezielt zu nutzen, zum Beispiel mit den folgenden Strategien:
Strategie #1: Eine Illusion von Exklusivität erzeugen
Beispiel: Du streust deine Werbebotschaften breit, gibst aber vor, nur Geschäfte mit einer ausgewählten Gruppe von Menschen machen zu wollen. Damit provozierst du bei einem Teil derjenigen, die (vermeintlich) ausgeschlossen sind, einen Reaktanzeffekt: Diese sträuben sich dagegen, nicht zur In-Group zu gehören und begehren genau das Objekt, das ihnen scheinbar vorenthalten werden soll.
Diese paradoxe Strategie kann überaus wirkungsvoll sein. Allerdings rächt sie sich mitunter. Wenn du den Eindruck erweckst, bestimmte Menschengruppen zu diskriminieren, kann sie sogar (zu Recht) zu ausgewachsenen Shit Storms führen.
Strategie #2: Du positionierst dich als lachender Dritter
Hier nutzt du die Reaktanzbildung aus, die ein Mitbewerber erzeugt hat. Wenn dieser allzu aufdringlich wirbt, gewinnst du Sympathien mit der Frage: „Sie wollen sich nichts andrehen lassen?“
Das funktioniert übrigens auch dann, wenn beim Wettbewerber die Strategie #1 aus dem Ruder gelaufen ist. Wenn dieser beispielsweise betont, nur Mode für junge, schlanke Menschen zu erzeugen, so grenzt du dich bewusst ab mit dem Motto: „Wir schätzen Sie so, wie Sie sind.“
Strategie #3: Künstliche Verknappung
„Nur noch wenige Restexemplare erhältlich“: Im Vertrieb und im Marketing können diese Worte geradezu magische Wirkung entfalten. Nicht selten sorgen sie dafür, dass uns ein Gut gleich doppelt so attraktiv erscheint wie vorher. Dabei geht es aber weniger um den Gegenstand selbst. Wenn uns jemand ein attraktives Gut wegschnappen würde, würde er uns vielmehr in unserer freien Wahl einschränken. Darum reagieren wir auch in dieser Situation mit einem klassischen Reaktanzeffekt. Die Strategie funktioniert allerdings nur, wenn die Kunden überzeugt sind, dass das Gut tatsächlich knapp ist.
Fazit: Wenn du eine Kampagne planst, solltest du unbedingt mögliche Reaktanzeffekte im Blick haben. Denn erstens verhinderst du so, dass der psychologische Widerstand deiner Kunden zur Hürde wird und zweitens kannst du Reaktanzreaktionen raffiniert nutzen, um deiner Kampagne zu noch mehr Erfolg zu verhelfen.
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